Am Rande der heutigen Ortschaft Rulle liegt in der Niederung der Ruller Flut und des Lechtinger Baches das ehemalige Kloster Marienbrunn. Seit der Mitte des 13. Jh. lebten hier Nonnen des Zisterzienserordens. Das Kloster war mit Grundbesitz und Mühlenrechten ausgestattet und jeder Zugang mehrte das Vermögen. Noch heute erzählen Kirchenschätze im Osnabrücker Dommuseum vom Wohlstand und dem reichen religiösen Leben des Klosters. Mit der Auflösung des Klosters in der napoleonischen Zeit und der Bauernbefreiung wurde aus dem Klosterdorf ein Dorf landbesitzender Bauern und landloser Arbeiter.
Die Köhleförderung im Piesberg und die Stahlproduktion in der nahen Stadt verschaffte den Männern Arbeitsplätze. In Rulle entwickelte sich seit Mitte des 19 Jh. eine Zigarrenmanufaktur, die vor allem den Frauen eigenen Lohn verschaffte. Als Folge des 2. Weltkrieges und der allgemeinen Wohnungsnot wurden in Rulle Siedlungsgebiete ausgewiesen, die Rulle vorwiegend zu einem Ort mit dem Entwicklungsschwerpunkt „Wohnen und Naherholung“ gemacht hat.
Das Äbtissinnenhaus des Zisterzienserinnenklosters.
Das Hauptgebäude der diözesanen Jugendbildungsstätte Haus »Maria Frieden« war das repräsentative Äbtissinnenhaus aus dem frühen 18. Jahrhundert. Die Gegenreformation ermutigte zur demonstrativen Macht. Nach dem Vorbild der Abtei Marienfelde bei Warendorf entstand 1712 ein Langhaus von … Metern. Das Chronogramm über dem Eingang berichtet von den Erbauerinnen Äbtissin Barbara von Schabe und Anna M. Clevorn und verweist auf das Patronat der Mutter Jesu.
Rulle als Wallfahrtsort
In Rulle wird eine Legende erzählt, die auf das Jahr 1347 zurück verweist und die Ruller Wallfahrt begründet. Diebe sollen die Hostiendose und die Spenden gestohlen, die für die Anschaffung einer damals modernen Monstranz gegeben worden waren. Die Frevler sollen die Dose an dem Platz weg geworfen haben, an der bis heute die Überreste der mittelalterlichen Wallfahrtskapelle zu finden sind. Der Papst hat einen Ablass gewährt für die Menschen, die diesen hl. Ort besuchten. In den folgenden Jahrhunderten und bis heute sind gläubige Menschen an diesen Ort gepilgert, um Trost zu suchen in ihrem unsicheren und gefährdeten Leben. 1654 wird erstmals eine Lingener Prozession erwähnt, eine Vorgängerin der emsländischen Fußwallfahrt, die bis heute um den 1. Mai gehalten wird. Dieser Wallfahrtsort zum Heiligen Blut hat im 20. Jahrhundert einen Motivwechsel erlebt. Insbesondere durch die Förderung des Osnabrücker Erzbischofs Wilhelm Berning ist die Marienverehrung und das Ruller Vesperbild zentrales Motiv geworden. Seit dem 1. Weltkrieg und verstärkt in der Zeit des Nationalsozialismus haben bis zu 10 000 Menschen (1937) an den Wallfahrtstagen Rulle besucht. Seit der Renovierungs der Wallfahrtskapelle ist die gotische Turmmonstranz, die die historische Hostiendose einschließt, zur Anbetung ausgesetzt.